Historie 1
Das Setting „Bühne-Publikum“ war in unserer Arbeit mit Gruppen im Rahmen der SkanAkademie schon immer eins der besonders wichtigen tools. Im Kontext einer Selbsterfahrungsgruppe auf der Bühne zu stehen, hat enormes Veränderungspotential. Wenn unsere ehemaligen Trainees sich an die „alten Zeiten“ erinnern, dann sind es oft Geschichten, die mit „damals in Aix auf der Bühne“ beginnen.
Mit der Zeit entstand bei einigen von uns – inspiriert durch unsere Freunde vom streaming theatre cologne – der Wunsch, auch jenseits des therapeutischen Rahmens Theater zu spielen und den unangeseilten Sprung in die Hamburger Theater-Öffentlichkeit zu wagen. Es fand sich eine Gruppe von (sehr begabten) Schauspiel-Laien, zu der sich zu unserem Glück auch noch ein versierter professioneller Schauspieler und eine bühnenerfahrene Indie-Pop-Songwriterin gesellten. Wir arbeiteten ein Jahr lang an der ersten Produktion („Alles wird wieder gut“), bekamen Spieltermine an zwei renommierten Off-Theatern in Hamburg und hatten vor ausverkauften Häusern soviel unerwarteten Erfolg, dass wir sogar ein „Auswärtsspiel“ in Köln auf die Agenda setzten.
Der Zug war nun nicht mehr aufzuhalten; wir erarbeiteten nacheinander eine Reihe von Produktionen, für die wir weitere Schauspiel-Profis gewinnen konnten, was uns noch einmal einen besonderen Qualitäts-Schub bescherte. Wir spielten meistens in Hamburg und hatten Gastspiele in Köln, Münster und Wien. Schon längst hatte eine völlige Entkpoppelung von unserem therapeutischen Ursprung stattgefunden, es ging uns nur noch um die Kunst. Um so unersprießlicher war es, wenn manche Kultur-Mediatoren und -Journalisten uns immer noch in die Schublade „therapeutisches Theater“ einsortierten.
Nach acht Jahren war dann auf einmal „die Luft raus“. Die organisatorischen und finanziellen Probleme, die mit fortlaufenden Off-Produktionen einhergehen, hatten sich zu großen Hürden aufgetürmt, hinzu kamen nervige Konflikte im Ensemble, und und und. Dennoch: diese wunderbaren acht Jahre sollen nicht einfach aus der Erinnerung verschwinden, deshalb halten wir diese Website am Leben. Und wer weiß: vielleicht kommen wir ja auch wieder. Dem einen und der anderen von uns juckt es schon wieder in den Fingern.
Hamburg, im September 2019
Loil Neidhöfer